3 Staat und Familie

 

3 Staat und Familie

 

"Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung" bestimmt Artikel 6 Satz 1 des Grundgesetzes der deutschen Bundesrepublik. Er lässt offen, was diese schutzbefohlene Familie ist, in welcher Beziehung Ehe und Familie zueinander stehen, von welcher Art Schutz die Rede ist und wer oder was mit der staatlichen Ordnung gemeint ist. Ausführlicher äußert sich dazu das Familienrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch. In den annähernd 500 Paragrafen steht dort, wer in einer Familie welche Ansprüche an wen hat und wer wen versorgen muss. Ansprüche und Versorgung, das ist vor allem eins: Geld.

 

Zur Partnerschaft von Mann und Frau und zur Sorge für die Kinder trägt das Familienrecht nichts bei. Das "Sorgerecht" für ein Kind dient nicht der guten Versorgung eines Kindes, sondern begründet finanzielle Ansprüche des Sorgeberechtigten (nicht etwa des Kindes, das dient lediglich als Vorwand!) an einen Unterhaltspflichtigen. Das sogenannte "Kindeswohl", ein wichtiges Schlagwort in der heutigen Familienpolitik, hat mit dem wirklichen Wohlergehen von Kindern nichts zu tun. Den Begriff benutzen vielmehr Familiengerichte, um krause Zahlungsverpflichtungen zu verbrämen. Deren wirkliche Motive und Ziele bleiben dabei verborgen. Hier werden sie aufgedeckt.

 

3.1 Familienfreund Kirche

 

Früher wachten in Deutschland die christlichen Kirchen über die Familien. Sie führten die Personenregister, in denen Heiraten, Geburten und Todesfälle aufgezeichnet wurden. Sie entschieden, wer heiraten durfte und wer nicht und berücksichtigten dabei sowohl Einkommens- und Vermögensverhältnisse als auch kirchenkonformes Verhalten. Eine Partnerschaft ohne kirchliche Mitwirkung wurde nicht geduldet. Ein Kind unverheirateter Eltern wurde als Bastard ausgegrenzt, und nur eine nachgeholte Eheschließung konnte das verhindern, eine mit Einschränkungen bis heute fortbestehende Tradition. Jede Ehe bedeutete eine lebenslange Verpflichtung, eine Auflösung der Ehe war für den einfachen Menschen ausgeschlossen und nur in höheren Kreisen durch den Einsatz erheblicher Geld- oder Machtmittel zu erreichen.

 

Mit den hoheitlichen Funktionen verband die Kirche die Aufsicht über die Einhaltung kirchlicher Gebote. Dass ein Gläubiger die aus freien Stücken befolgte, traute man ihm nicht zu. Deswegen wurden Übertretungen mit Strafen geahndet, und Kirchenstrafen konnten je nach Schwere der Schuld und dem Bestrafungsbedürfnis vom Aufsagen frommer Sprüche bis zum grausamen Tod auf dem Scheiterhaufen reichen.

 

Die Zeiten solchen Kirchenterrors sind zum Glück vorbei. An ihren sonderbar anmutenden Regeln hält die katholische Kirche aber bis heute fest, so im Bereich der Familie an der Unauflösbarkeit der Ehe, dem Verbot sexueller Aktivität ohne Zeugungsabsicht, dem Verbot jeder hormonellen oder mechanischen Empfängnisverhütung wie Pille oder Kondom. Sie setzt sich weiterhin für ein Familienbild ein, bei dem der Mann Familienoberhaupt und Geldverdiener ist und die Frau anstelle einer Berufstätigkeit Haushalt und Kinder versorgt.

 

Viele bekennende Katholiken beachten diese Gebote ihrer Kirche nicht. Von der seligmachenden Wirkung des Sex-Verzichts hat die Kirche nicht einmal ihre eigenen Priester überzeugen können. Wer deswegen aber meint, sie habe zum Thema Familien nichts mehr beizutragen, liegt leider falsch. Nur richtet sie ihre Verkündigung dazu nicht direkt an die Familien, sondern indirekt über die Staatsmacht. Zu der unterhält sie traditionell beste Beziehungen. Die nutzt sie, um den Familien katholische Lebensart zu vermitteln, ob die sich zum katholischen oder christlichen Glauben bekennen oder nicht. Wie in den tausenden von Jahren davor setzt sie dabei nicht auf Überzeugung, sondern auf Bestrafung von Übertretungen. Dabei schien man bereits vor 140 Jahren auf einem besseren Weg zu sein.

 

3.2 Kirchenfreund Staat

 

Im Jahr 1875 nahm die Reichsregierung per Gesetz den Kirchen die Verfügung über die Familien aus der Hand. Eheschließungen, Geburten und Todesfälle wurden nun in den neu gegründeten Standesämtern protokolliert. Rechtlich anerkannt wurde nur die im Standesamt geschlossene Zivilehe. Die Prüfung der Voraussetzungen erfolgte nun nach sachlichen Gesichtspunkten und nicht nach Wohlverhalten. Mit der Zivilehe wurde die Möglichkeit der Ehescheidung durch Familiengerichte eingeführt. Dieser Riesenfortschritt wurde gegen den massiven Widerstand der katholischen Kirche durchgesetzt, und den hat sie bis heute nicht aufgegeben.

 

Diesen Mumm hat seither keine deutsche Regierung mehr aufgebracht, im Gegenteil. Als sich Deutschland 1945 aus den Trümmern der Nazi-Herrschaft erhob, konnte sich katholische Indoktrination in der Bundesrepublik breit machen, nicht weil die Kirche mit einer lebensbejahenden Botschaft auftrat, sondern weil ihr die christliche Regierungspartei den Steigbügel hielt. Nicht alles davon hat sich gehalten, aber das deutsche Familienrecht ist nach wie vor tief schwarz eingefärbt. Auch sein Umgehen mit der Wahrheit, nämlich verschweigen, verheimlichen, vertuschen und schönreden, scheint den kirchlichen Gepflogenheiten entlehnt.

 

Wenn sich ein Paar heute in einem Standesamt das Ja-Wort gibt, bekommt es automatisch eine katholische Ehe verpasst. Das sagt ihnen niemand, das ist nirgendwo groß- oder kleingedruckt, das ist für die Eheleute nicht spürbar, und das spielt auch keine Rolle, solange sie sich einig sind. Aber währenddessen wartet bereits ein Heer von Anwälten für Familienrecht auf den Moment, da sie es nicht mehr sind. Dass der mit Sicherheit kommen wird und warum und wie man damit umgehen kann, wurde oben beschrieben. Von den Anwälten erfahren sie aber nur, wie man besser nicht damit umgeht. Deren juristische Problemlösung heißt nämlich: Zerstörung der Familie, Bestrafung des Bösen, Belohnung des Guten und Benutzung der Kinder. Zwei katholische Lehrmeinungen mit ihren Konsequenzen wirken sich dabei besonders zerstörerisch aus, die Unauflöslichkeit der Ehe und die Rollen von Mann und Frau in der Familie.

 

Wer einmal ja gesagt hat, darf nie wieder nein sagen. Das leitet die Kirche aus Bibel-Worten ab, die man allerdings auch ganz anders deuten kann. Das Familienrecht stellt sich auf die Seite der Kirche, indem es in § 1353 BGB bestimmt, "die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen". Dann aber steht in den §§ 1564-1568 BGB, wie die lebenslange Ehe doch wieder geschieden wird.

 

Offenbar traut sich die Staatsmacht nicht, Paare weiterhin gegen ihren Willen zum Zusammenleben zu zwingen, wie das die Kirche über viele Jahrhunderte getan hat. Sie kann aber einiges dafür tun, ihnen das Auseinandergehen zu vermiesen. Die Zustimmung der einen Hälfte der Paare gewinnt sie dadurch, dass sie ihr Geschenke macht, die sie bei der anderen Hälfte einsammelt. Das Einsammeln dient gleichzeitig der Bestrafung, womit die Kirche seit je für die Einhaltung der Gebote sorgt. Die Bestrafung wurde früher von einer Schuldfeststellung abhängig gemacht. Das ist nun nicht mehr nötig, nachdem man sich auf den Mann als Dauerschuldigen festgelegt hat.

 

Eine Bestrafung soll von einem Fehlverhalten abschrecken. Dass das jemals erfolgreich sein kann, wird vielfach bezweifelt. Von einer Ehescheidung wird man sicher nicht abschrecken, wenn man gleichzeitig mit der Bestrafung des einen Partners dem anderen Anreize für eine Scheidung liefert. Nicht umsonst werden die meisten Scheidungsanträge von Frauen eingereicht. Ein zweites Ziel der Bestrafung ist Vergeltung, die der Befriedigung eines Geschädigten dienen soll. Im Familienbereich wird die Rolle des Geschädigten automatisch der Frau zugeteilt und deswegen der Mann bestraft. Klarer wenn auch in der Öffentlichkeit weniger beachtet ist eine dritte und diesmal positive Funktion der Strafe: Sie verleiht dem Strafenden ein angenehmes Gefühl von Macht, Überlegenheit und Gutsein, vielleicht der wichtigste Grund, warum sich die offensichtlich untaugliche Bestrafung im Familienbereich bis heute gehalten hat.

 

Verlautbarungen aus der katholischen Kirche vermitteln den Eindruck, sie sähe in der lebenslangen Dauer der Ehe das einzige Qualitätskriterium von Belang. Dem folgt das Gesetz und bezeichnet eine Ehe, die anders als durch den Tod eines der Partner endet, als "gescheitert". Eine Ehe hat weitere wichtige Funktionen wie die Partnerschaft, das Familienleben und das Aufziehen von Kindern. Die können auch in einer später beendeten Ehe erfolgreich wahrgenommen sein. Bei ihnen ist daher die mit dem Wort Scheitern ausgedrückte Abwertung nicht angebracht.

 

Schlimmer noch als die Abwertung selbst, sind ihre Folgen. Familienrichter fühlen sich dazu berufen, die wertlosen weil gescheiterten Ehen und Familien zu entsorgen und Reste von ihnen zu beseitigen. Zu diesen Resten gehören sowohl Verbindungen zwischen den Expartnern als auch und besonders die Beziehungen zwischen Eltern und ihren Kindern.

 

Zur besseren Entsorgung der gescheiterten Familie treibt man die Partner in den Streit. Dazu ergreift man zwischen ihnen Partei, erklärt den einen für gut, den andern für böse, teilt dem einen alle Rechte, dem anderen alle Pflichten zu. Noch niederträchtiger ist es, dafür die gemeinsamen Kinder zu benutzen, indem man den einen zum alleinerziehenden Elternteil macht, dem anderen aber alle Kosten aufhängt und ihm zusätzlich ein so begrenztes Umgangsrecht zuspricht, dass er damit als Vater (denn um die Väter handelt es sich bei den Umgangsberechtigten überwiegend) abgeschafft wird. Es ist verständlich, dass ein Vater empört reagiert, wenn sich die Kindesmutter mit der Staatsmacht auf einen solchen Kuhhandel einlässt.

 

Die Staatsmacht, die den Streit vom Zaun bricht, schiebt die Schuld dafür den angeblich streitlustigen Expartnern zu, hatte aber wohl selbst den Eindruck, dass sie ihren Anteil daran besser vertuschen und schönreden müsste. Das tat sie mit der Einführung des "Kindeswohls", das besser Kindesbenutzung hieße, und einer "gemeinsamen elterlichen Sorge" (§§ 1687-1698 BGB), die keine ist, die vielmehr Alleinerziehung und Umgangsrecht unter neuem Namen fortsetzt.

 

Familiengerichte übernehmen bei Scheidungsverfahren das katholische Verständnis der Rollenverteilung in einer Familie. Danach ist der Mann der Geldverdiener und damit der finanziell stärkere Partner, die Frau führt ihm den Haushalt und versorgt die Kinder, steht finanziell also schwächer da. Es fällt dem Stärkeren zu, für den Schwächeren aufzukommen. Dass immer mehr Paare von dieser Arbeitsteilung abweichen, dass viele intelligente und tüchtige Frauen wichtige Funktionen im Berufsleben haben, dass sich viele Männer im Haushalt und bei der Betreuung der Kinder kompetent und einsatzfreudig engagieren, interessiert die katholisch inspirierten Gerichte wenig. Schließlich kann kein Mann seiner Frau die Schwangerschaft, das Gebären und das Stillen abnehmen, und das reicht als Rechtfertigung für die spätere ungleiche Verteilung von Rechten und Pflichten.

 

Damit lässt sich auch, diesmal stillschweigend versteht sich, die weitere von der heiligen Kirche praktizierte und propagierte Diskriminierung der Frauen im Berufsleben rechtfertigen. Es ist betrüblich, dass so wenige Frauen diesen Zusammenhang sehen wollen, wenn sie die Almosen des Staates in Empfang nehmen. Genauso wenig tun das die Frauenverbände und Feministen, denen das Wohl der Frauen angeblich so sehr am Herzen liegt. Partnerunterhalt, Betreuungsgeld und Mütterrente sind das Opium, um Frauen ruhig zu stellen und die Dominanz der Männer im Berufsleben zu bewahren. Was berufstätigen Müttern wirklich helfen könnte, eine mit dem Job zu vereinbarende Kinderbetreuung, lässt auf sich warten und wird ausgerechnet in die Hände der Organisationen gelegt, die die Frauen zurück an den heimischen Herd wünschen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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