In Medien ist viel von Kinderarmut die Rede. Angesichts der möglichen Folgen auf die Entwicklung, die Ausbildung, die Berufsaussichten und die Lebenschancen aufwachsender Kinder ist das ein wichtiges Thema (Wikipedia-Artikel Kinderarmut). Kinderarmut ist primär eine Armut der Haushalte, in denen sie leben. Als ein Risikofaktor für die Armut eines Haushalts wird immer wieder Alleinerziehung genannt.
Die große Zahl alleinerziehender Mütter und alleinerzogener Kinder ist ein bedauerliches Ergebnis der deutschen Familienpolitik. Die sieht ihre Hauptaufgabe darin, die christliche Ehe zu bewahren. Deren Hauptmerkmal ist nach Lehre der katholischen Kirche, dass sie lebenslang hält. So bestimmt das § 1353 BGB: „Die Ehe wird … auf Lebenszeit geschlossen“. Die gegen katholischen Widerstand eingeführte Ehescheidung besteht zwar weiter, dafür hat nun ein umfangreicher Justizapparat die Aufgabe, sie so abschreckend wie möglich zu gestalten.
Von den katholischen Einflüssen auf ihre Familie wissen junge Paare nichts, wenn sie im Standesamt erscheinen. Das wird ihnen dort auch nicht gesagt; sie kommen doch, weil sie dauerhaft zusammen bleiben wollen. Sie erfahren auch nichts darüber, was die Dauerhaftigkeit gefährden kann und wie das zu vermeiden ist. Unstimmigkeiten zwischen ihnen schenken die Partner anfangs keine Beachtung. Unbearbeitet summieren die sich im Laufe der Zeit und sind schließlich von ihnen allein nicht mehr zu bewältigen. Suchen sie in dieser Situation Hilfe, geraten sie an die Falschen. Anwälte für Familienrecht sagen ihnen nicht, wie sie ihre Konflikte lösen, helfen ihnen aber, ihre Familie gewinnbringend zu zerlegen. Das ist, als würde man einen Dachschaden beheben, indem man das Haus abbrennt.
Familiengerichte gehen von folgenden Grundsätzen aus:
- Geschiedene Partner können nicht mehr gemeinsam Eltern ihrer Kinder sein. Deswegen erhält die Mutter ihrer „natürlichen“ Bestimmung gemäß das Sorgerecht für die Kinder.
- Den Vater brauchen Kinder nicht; deswegen werden Kontakte zwischen Kind und Vater beschränkt. Dafür soll der Vater seiner „natürlichen“ Bestimmung entsprechend das benötigte Geld heranschaffen. Das bekommt die Frau als Belohnung für die Sorgearbeit.
- Die ungleiche Verteilung von Rechten und Pflichten hat zwei weitere klammheimliche Nutzeffekte: Sie dient der abschreckenden Bestrafung für die Verletzung des Lebenszeitgebots, und sie erzeugt Streit zwischen den Partnern. Der erleichtert die Beseitigung von Resten der wertlosen weil „gescheiterten“ Ehe/Familie.
Diese Art von Rechtsprechung scheitert (und hier ist das Wort wirklich angebracht) auf der ganzen Linie. Die Zahl der Ehescheidungen liegt bei nahe 50 % und steigt weiter, von Abschreckung keine Spur! Wahrscheinlich würden viele dieser Ehen weiter bestehen, wenn die Partner ihre Probleme rechtzeitig angingen und sich nicht von den Juristen auf die falsche Fährte locken ließen. Was die zur Versorgung der schwächeren Familienmitglieder vorsehen, ist offensichtlich unzureichend. Das gilt besonders, wenn sich die Partner auf die von der Kirche gepredigte Rollenverteilung, Mann ist erwerbstätig, Frau versorgt Haus und Kinder, eingelassen haben. Und selbst das müsste nicht so schlimme Folgen haben, würde man die Väter nicht so arrogant ausbooten, sondern weiter am Wohlergehen ihrer Kinder teilhaben lassen.
Mit Nachsicht teilen informierte Zeitgenossen mit, das sei doch heute alles ganz anders. So sei die gemeinsame elterliche Sorge nach einer Trennung die Regel, und das Kindeswohl habe immer Vorrang. Das ist eine Mogelpackung. Geändert wurden lediglich Wörter zum Zwecke der Vernebelung. Hinter dem neuen Begriff „gemeinsame elterliche Sorge“ verbirgt sich die alte Alleinerziehung durch den Elternteil, bei dem sich das Kind überwiegend aufhält, einschließlich aller Folgemaßnahmen wie Strafzahlungen. An der Regel „Sie hat das Kind, und er zahlt“ hat sich gar nichts geändert.
Was die katholischen Vordenker vom „Kindeswohl“ halten, ist an dem verbreiteten, von höchsten Chargen gedeckten und vertuschten Kindesmissbrauch abzulesen. Von da ist es nur noch ein kleiner Schritt zur Benutzung von Kindern durch Familiengerichte unter dem Vorwand des „Kindeswohls“. Was ein Kind tatsächlich zu seinem Wohlergehen braucht, wissen die nicht und interessiert sie nicht. Arm dran sind also nicht nur die Kinder, deren Mütter wenig Geld haben, sondern auch die, denen die staatlichen Einrichtungen ihre Familien nehmen.
Arm dran ist auch ein Volk, das eine solche Behandlung seiner Familien und seiner Kinder durch die Staatsorgane duldet. Die Obrigkeitshörigkeit, die die heutigen Eltern von ihren Eltern übernommen haben, werden sie an ihre Kinder weitergeben. Das deutsche Rechtssystem und insbesondere die Familienjustiz hat den Wandel vom Obrigkeitsstaat zu einer demokratischen Ordnung bestenfalls halbherzig mitgemacht. Das ist keine gute Voraussetzung für den Fortbestand der Demokratie. Armes Deutschland!